– schon stand ich vor der Tür, die in den Dachstock führte, und zog den schweren Vorhang weg, hinter dem sich ein Stich verbarg, der unsere Stadt im 16. Jahrhundert zeigte – man musste nahe heran, um die alte Klosteranlage zu studieren – und um dabei gar nicht erst auf die Idee zu kommen, dass sich hinter diesem gelüfteten Geheimnis das eigentliche Geheimnis verbergen könnte – ein labyrinthischer, paradiesisch verspielter dreistöckiger Dachboden, von dem man in der Stadt schon Gerüchte gehört haben mochte, und der sich einem hier lediglich mit einem leichten Druck gegen die Mitte des Stiches eröffnet hätte – eben dort, wo sich das Klosterareal befand – schon wandte sich der Besucher, dessen oberflächliche Neugier befriedigt war, ab, ohne den eigentlichen Schatz zu Tage gefördert zu haben – ein heftiger Wind blies mir entgegen, denn mit dieser klinkenlosen Tür öffnete man auch den Windkanals des Hauses – es wehte so heftig, dass ich mich gegen den zunehmenden Druck anstemmen musste, der Wind fuhr mir durch die Haare, raste durchs Haus – in fernen Zimmern knallten Türen zu – vom Küchentisch flatterten die Zeitungen, manchmal bimmelte sogar die Hausglocke, die, längst durch eine elektrische ersetzt, nur noch zur Zierde neben der Haustür hing – es fielen Vasen – es schepperte und bebte – es lebte das Haus – und niemand konnte den Dachstock heimlich betreten oder verlassen –
aus Das Steinauge & Galápagos (2016)
aus Das Steinauge & Galápagos (2016)